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VORKÄMPFER FÜR DIALYSE UND NIERENTRANSPLANTATION
RICHARD ÜBELHÖR
Urologe
(* 4. Juli 1901 Wien, + 15. September 1977 Wien)
Nach dem Besuch der Volksschule trat Richard Übelhör, Sohn des k. k. Sektionschefs im Bundeskanzleramt, Dr. Franz Übelhör, mit dem Schuljahr 1912/13 in das Gymnasium in der Fichtnergasse ein. Die Familie war im 12. Bezirk in der Schönbrunnerstraße 250 wohnhaft. Die Abschlusszeugnisse der Unterstufe waren sicherlich zur Zufriedenheit der Eltern, denn der Filius brachte fast immer einen Vorzug nachhause. In der Oberstufe dürfte er doch mit gewissen Problemen gekämpft, bzw. sich für einen sehr ökonomischen Einsatz seiner Arbeitskraft entschieden haben, denn außer in den naturwissenschaftlichen Fächern fielen seine Noten nicht gerade glanzvoll aus. |
Nach Ablegung der Matura im Sommer 1920 inskribierte Richard Übelhör an der medizinischen Fakultät in Wien und wurde am 23. März 1926 zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert. Seine klinische Ausbildung erhielt er durch den Pathologen Anton Priesel, den Chirurgen Wolfgang Denk, den Gynäkologen Weibl, sowie durch den Urologen Gagstatter. Sein besonderes Interesse für Chirurgie war Professor Denk aufgefallen, der ihn als klinischen Hilfsarzt und dann als Universitätsassistenten an die Chirurgische Universitätsklinik Graz holte. 1931 ging er mit Denk an die II. Chirurgische Universitätsklinik nach Wien. Im April 1937 wurde er zum Primarius der urologischen Abteilung des Lainzer Krankenhauses bestellt. Kurz zuvor hatte sich Richard Übelhör für Chirurgie an der Wiener Universität habilitiert.
Doch schon 1939 wurde er von den neuen Machthabern seine Amtes im Lainzer Spital enthoben und bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1939 zum Militär eingezogen. Bis zum Jänner 1945 leistete er als Chirurg Dienst beim Militär, in dieser Funktion nahm er an den Feldzügen in Frankreich, Russland und Italien teil. Anschließend wurde er wieder an die II. Chirurgische Universitätsklinik in Wien geholt. Doch schon im Juli 1945 übernahm er wieder als Primarius die urologische Abteilung in Lainz, deren Vorstand er bis zum Jahre 1962 blieb. 1962 erhielt er die Berufung, die erste in Österreich etablierte Urologische Universitätsklinik zu übernehmen. Er leitete diese bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1970.
Professor Übelhör war seit dem Jahre 1930 verheiratet, er hatte vier Kinder und 11 Enkelkinder. Die Familie war ihm immer höchst wichtig, wenn auch der Großteil seiner Kraft und Energie in die klinische Arbeit floss. Wenige Freundschaften aus seiner Gymnasialzeit pflegte er sorgfältig, die lebenslange Beziehung zu seinem seinerzeitigen Religionslehrer Dr. Franz Gundl war für seine ganzes Leben von großer Bedeutung.
Am Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn stand das Bemühen um Verbesserung der verschiedenen Operationstechniken und um Intensivierung der Nachbehandlung der Patienten nach großen Eingriffen. Sehr bald führte er bei Krebsdiagnose die noch heute üblichen Radikaloperationen durch, obwohl es damals weder die hoch qualifizierten Anästhesisten noch die selbverständliche Bereitstellung von lebensrettenden Blutkonserven gab. Richard Übelhör entwickelte eine eigene Methode zur Entfernung des Prostatakrebses, die er lange erfolgreich anwandte. Später verwarf er diese Operationstechnik und wandte sich dem retropubischen Weg zu.
Neben seine chirurgischen Tätigkeit beschäftigte er sich intensiv mit der Physiologie der Harnwege und der Urodynamik. Diese Forschungen führten schließlich zur Etablierung eines neuen Zweiges der Urologie, der urologischen Nephrologie. Es folgte die Errichtung einer nephrologischen Station in Wien, wo eine so genannte "künstliche Niere" zum Einsatz kam. Durch Errichtung eines damit verbundenen Laboratoriums erlangte die urologische Abteilung im Lainzer Krankenhaus weit über die Grenzen des Landes hinaus Beachtung und Reputation. 1953 wurde im Lainzer Krankenhaus zum ersten Mal in Österreich eine Haemodialyse an einem Patienten durchgeführt.
Eine intensive Zusammenarbeit ergab sich mit der nephrologischen Abteilung der Klinik in Lund in Schweden, die unter der Leitung von Professor Alwall stand. Zahlreiche junge Mitarbeiter Übelhörs konnten an diesem international hoch geschätzten Klinikum zusätzliche Erfahrungen sammeln, die den österreichischen Patienten in den folgenden Jahren zugute kamen. Es entsprach in jeder Hinsicht den Überzeugungen Professor Übelhörs, dass nur eine intensive internationale Zusammenarbeit, der Erfahrungsaustausch mit Kollegen in aller Welt die medizinischen Kenntnisse rasch voranbringen würden. So pflegte er zu allen bedeutenden Kollegen in Europa und zu den einschlägigen wissenschaftlichen Gesellschaften lebhafte Kontakte und versuchte gerade bei wissenschaftlichen Kongressen durch Gedankenaustausch für sein Fach neue Impulse zu gewinnen.
Die postoperativen Behandlung von Carcinompatienten war für Professor Übelhör immer ein wichtiges Anliegen. Zu ihrer Förderung begann er 1955 in Lainz mit der endovesicalen Behandlung der Blasenpapillome mit radioaktiven Isotopen. Besonders engagierte er sich im Bereich der Kinderurologie für die Linderung von Missbildungen wie Hypospadie, Blasenexstrophie oder Meningomyelocelen, um diesen bedauernswerten Geschöpfen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Schließlich erweiterte er die Urologie durch Einbeziehung der Andrologie.
Bei dieser Fülle von wissenschaftlichen Pioniertaten scheint es fast selbverständlich, dass damit auch die Schaffung einer eigenen urologischen Klinik verbunden werden müsste. Jahrelang hat er seinen Studenten seine Vorstellungen in dieser Richtung vorgetragen, jahrelang hat er auf diese Ziel hin gearbeitet. 1962 schließlich wurden all seine Bemühungen, seine großartigen wissenschaftlichen Erfolge mit der Errichtung einer eigenen urologischen Klinik gekrönt. In der Folge konnte er den damaligen Leiter der I. Chirurgischen Universitätsklinik Professor Fuchsig für die Idee einer Nierentransplantation gewinnen. Eine erste Operation wurde bald darauf gemeinsam durchgeführt.
In den nächsten Jahren wurde die Urologische Klinik zielstrebig ausgebaut, neben der chirurgischen entstanden eine andrologische, eine nephrologische und eine eigene Kinderstation, sowie eine Ambulanz. Anlässlich einer Tagung der Urologischen Gesellschaft in Wien konnte er als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie im Jahre 1963 stolz seine neue Klinik seinen Fachkollegen präsentieren. Enge Kontakte hielt Professor Übelhör auch zur ungarischen urologischen Gesellschaft, deren Ehrenmitgliedschaft ihm 1968 verliehen wurde. Vier Jahre später wurde er zum Ehrenmitglied der deutschen und der österreichischen Fachgesellschaft erwählt. Sein Wirken im Verband der katholischen Ärzte wurde 1964 durch Verleihung des Silvesterordens durch den Papst gewürdigt. Die Republik Österreich bekundete dem erstklassigen Wissenschaftler ihren Dank mit der Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse und der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien.
Professor Übelhör konnte auf ein reiches wissenschaftliches Oeuvre zurückblicken, mehr als 140 wissenschaftliche Arbeiten wurden publiziert, darunter mehrere Handbücher, wie etwa der urologische Teil der Operationslehre von Brand/Kunz/Niessen oder der Handbuchbeitrag über Entleerungsstörungen des Harntraktes. Er setzte seine wissenschaftlichen Arbeiten auch nach seiner Emeritierung fort, verfasste eine große Arbeit über akutes Nierenversagen und eine Monographie über urologische Nephrologie.
Bis zu seinem Tode hielt er mit Kollegen und Schülern einen lebhaften Fachdisput aufrecht, er kümmerte sich intensiv um die Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit innerhalb der Disziplin. Als Arzt und aktiver Christ beteiligte er sich lebhaft an der Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch, wobei er nachdrücklich fü das Lebensrecht der Ungeborenen stritt.
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